Das Budd-Chiari-Syndrom führt zu erheblichen Problemen beim venösen Blutabfluss der Leber. In der Regel ist es durch eine Verlegung der Lebervenen gekennzeichnet, was einen Druckanstieg in der Leber verursacht. Infolgedessen kommt es zu Lebervergrößerung und Funktionsstörungen. Zudem können Komplikationen wie portale Hypertonie und Aszites auftreten. Sowohl primäre Thrombosen als auch durch Tumoren verursachter Druck zählen zu den Hauptursachen dieses Syndroms. Die Behandlungsmethoden variieren je nach Schweregrad der Erkrankung und erfordern häufig eine Antikoagulation oder radikalere Therapien.
Medizinischer Name | Budd-Chiari-Syndrom |
Betroffene Bereiche | Leber (Abflussstörung in den Lebervenen) |
Ursachen | Thrombose in den Lebervenen, Gerinnungsstörungen, Krebs, Schwangerschaft, angeborene Anomalien |
Symptome | Schmerzen im rechten Oberbauch, Bauchwassersucht (Aszites), Lebervergrößerung (Hepatomegalie), Gelbsucht, Beinschwellungen, Gewichtsverlust |
Diagnosemethoden | Doppler-Ultraschall, Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT), Leberbiopsie, Venographie (Darstellung der Lebergefäße) |
Behandlungsmethoden | Antikoagulantien (gerinnungshemmende Medikamente), thrombolytische Therapie (Auflösung von Blutgerinnseln), Stent-Implantation, Shunt-Operationen (um den Blutfluss in den Lebergefäßen zu sichern), TIPS in aussichtslosen Fällen, Lebertransplantation bei fortgeschrittenen Stadien |
Mögliche Komplikationen | Leberversagen, portale Hypertonie, Nierenversagen, Leberzirrhose |
Präventionsmaßnahmen | Adäquate Behandlung von Gerinnungsstörungen, Kontrolle von Risikofaktoren |
Heilungsdauer | Je nach Therapie unterschiedlich; milde Fälle können durch Behandlung kontrolliert werden, schwere Fälle können eine Lebertransplantation erforderlich machen |
Interventionelle Radiologie / Interventionelle NeuroradiologieProf. Dr. Özgür KILIÇKESMEZ
Was ist das Budd-Chiari-Syndrom?
Das Budd-Chiari-Syndrom ist ein seltener Zustand, der durch eine Verlegung der aus der Leber abführenden Venen gekennzeichnet ist. Dabei kann die Ursache sehr vielfältig sein, und man unterscheidet primäre von sekundären Formen. Bei der primären Form sind die Venen aufgrund innerer Faktoren wie Thrombosen oder Venenentzündungen blockiert. Bei der sekundären Form werden die Venen häufig von außen durch eine Läsion, beispielsweise einen Tumor, komprimiert. In beiden Fällen führt die Behinderung des Blutabflusses zu erheblichen gesundheitlichen Problemen. Die Diagnose und Therapie richten sich nach Ort und Ursache der Verlegung.
Was sind die Ursachen des Budd-Chiari-Syndroms?
Das Budd-Chiari-Syndrom entsteht durch eine Verlegung der venösen Abflusswege der Leber und steht häufig mit Hyperkoagulabilität in Zusammenhang. Es gibt verschiedene Auslöser:
Myeloproliferative Störungen:
- Polycythaemia vera
- Essentielle Thrombozythämie
Diese Erkrankungen führen zu einer erhöhten Blutgerinnung und sind in über der Hälfte der Fälle für das Budd-Chiari-Syndrom verantwortlich.
Malignome:
- Leberkrebs
- Nebennierentumore
- Nierenzellkarzinom
- Leiomyosarkom
- Vorhofmyxom
- Wilms-Tumor
Tumore können die Venen direkt komprimieren oder infiltrieren, etwa 10% der Fälle sind darauf zurückzuführen.
Leberläsionen:
- Leberzysten
- Adenome
- Zystadenome
- Invasive Aspergillose
- Aortenaneurysma
Solche Veränderungen können ebenfalls einen venösen Abflussstau verursachen.
Schwangerschaft und orale Kontrazeptiva: Diese Faktoren erhöhen die Gerinnbarkeit des Blutes und sind bei etwa 20% der Fälle beteiligt.
Idiopathische Ursachen: Rund 20% der Fälle treten ohne erkennbare Ursache auf.
Weitere hyperkoagulable Zustände sind:
- Faktor-V-Leiden-Mutation
- Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom
- Antithrombinmangel
- Protein-C-Mangel
- Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie
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Wie häufig ist das Budd-Chiari-Syndrom?
Das Budd-Chiari-Syndrom wird häufiger im dritten oder vierten Lebensjahrzehnt diagnostiziert und tritt in Nicht-Asiatischen Ländern meist bei Frauen auf. In Asien hingegen sind eher Männer betroffen. Häufig finden sich Verlegungen der unteren Hohlvene oder gleichzeitig der Lebervenen. Unterschiede in Genetik und Umweltfaktoren können diese geographischen und geschlechtsspezifischen Unterschiede erklären. Zu den charakteristischen Symptomen gehören vergrößerte Leber, Schmerzen und Beinschwellungen. Die Therapiemöglichkeiten richten sich nach Schwere und Lokalisation der Venenthrombose.
Was geschieht beim Budd-Chiari-Syndrom?
Während des Budd-Chiari-Syndroms kommt es in der Leber zu gravierenden Veränderungen. Die Verlegung von zwei Lebervenen führt zu Dehnung der Leberkapsel und intensiven Schmerzen. Durch die Blockade erweitern sich die Sinusoide, und es kommt zu vermehrter interstitieller Flüssigkeitsfiltration. Diese übersteigt die Kapazität der Lymphgefäße, was zur Bildung von Aszites führt:
- Venöse Obstruktion dehnt die Leberkapsel und verursacht Schmerzen.
- Erweiterte Sinusoide erhöhen die Filtration von Flüssigkeit.
- Überschüssige Flüssigkeit bildet Aszites, da das Lymphsystem überlastet ist.
Die Thrombose und der venöse Flussstau verursachen portalvenösen Hochdruck und reduzieren die Blutversorgung der Leber. Dadurch erleiden zentrilobuläre Hepatozyten hypoxischen Schaden. In akuten Fällen führt dies zu Leberversagen, in chronischen Fällen kommt es trotz Erhalt der Leberfunktion zu Aszites und Hepatomegalie. Schließlich kann sich im Laufe der Zeit eine Fibrose und letztlich eine Zirrhose entwickeln. Der am stärksten betroffene Leberlappen ist der kaudale Lappen, der direkt Blut zur Vena cava inferior ableitet. Bei Verlegung kommt es zur Hypertrophie dieses Lappens.
Mikroskopische Untersuchungen beim Budd-Chiari-Syndrom
Bei einer Leberbiopsie im Rahmen des Budd-Chiari-Syndroms werden charakteristische Merkmale sichtbar. In zentrilobulären Bereichen zeigen die Hepatozyten Nekrose als Folge der venösen Stauung. Im Verlauf weisen die sinusoiden Räume eine Erweiterung auf, bedingt durch die fehlende Drainage. In einigen Fällen können sich auch makronoduläre Veränderungen entwickeln, die ein Hinweis auf die Schwere der Erkrankung sind. Solche mikroskopischen Befunde sind für Diagnose und Therapieentscheidungen von großer Bedeutung und ermöglichen eine genauere Einschätzung des Krankheitsstadiums.
Welche Symptome treten beim Budd-Chiari-Syndrom auf?
Das Budd-Chiari-Syndrom tritt mit verschiedenen Symptomen auf, abhängig vom Krankheitsverlauf (akut, subakut, chronisch). Akute Fälle entwickeln sich innerhalb weniger Wochen mit plötzlichem Auftreten von Bauchschmerzen, Gelbsucht und Aszites. Hepatische Enzephalopathie und Nierenversagen können in diesem Stadium ebenfalls vorkommen, wobei venöse Kollateralen meist fehlen.
Im subakuten Verlauf (bis zu drei Monate) entwickeln sich die Symptome allmählich. Leichte Aszitesbildung und minimale hepatische Nekrose sind möglich. In diesem Stadium können venöse Kollateralen auftreten.
Chronische Verläufe entwickeln sich über einen längeren Zeitraum, und die Patienten kommen oft mit Komplikationen der Zirrhose zum Arzt. Venöse Kollateralen sind dabei vorhanden. Etwa die Hälfte der Patienten erleidet im chronischen Stadium Nierenversagen.
Typische Symptome sind:
- Plötzlich auftretender Aszites
- Schmerzhafte Hepatomegalie
- Gelbsucht
- Splenomegalie
- Beinödeme
- Stauungsulzera
Wie wird das Budd-Chiari-Syndrom diagnostiziert?
Die Diagnose des Budd-Chiari-Syndroms ist herausfordernd. Verschiedene Tests spielen eine wichtige Rolle. Zunächst wird ein Doppler-Ultraschall durchgeführt, mit dem sich Thromben und Gefäßanomalien aufspüren lassen. Die Sensitivität und Spezifität liegt hierbei bei 85 bis 90%. Führt diese Methode nicht zum Ziel, werden CT oder MRT eingesetzt, die beide eine hohe Sensitivität und Spezifität aufweisen. Vor allem die MRT ist aufgrund ihrer nicht-invasiven Natur sehr beliebt.
Typische Ultraschallbefunde sind:
- Netzartige Strukturen und Thromben in Vena cava inferior und Lebervenen
- Verkleinerter IVC-Durchmesser
- Thrombosen in den Lebervenen
- Vergrößerung des kaudalen Leberlappens
- Aszites
- Intra- oder extrahepatische Kollateralen
- Monophasischer Fluss in den Lebervenen
- Hohe Flussgeschwindigkeit in Stenosebereichen von IVC oder Lebervenen
Bleibt die Diagnose weiterhin unklar, kann eine invasive Venographie erfolgen, um Ort und Ausmaß der Gefäßverlegung genau zu bestimmen. Zusätzlich kann bei einer diagnostischen Parazentese die Aszitesflüssigkeit untersucht werden. Hohe Proteingehalte und niedrige Leukozytenzahlen weisen auf das Budd-Chiari-Syndrom hin.
Wie wird das Budd-Chiari-Syndrom behandelt?
Zur Behandlung des Budd-Chiari-Syndroms kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. In ersten Schritten wird häufig eine Ballonangioplastie eingesetzt, um einen lokalisierten Verschluss in den Lebervenen oder der Vena cava inferior zu öffnen. Dies kann den portalen Druck senken und die Leberfunktion verbessern. Wenn die Angioplastie nicht ausreicht, werden endovaskuläre Stents eingesetzt, um die Vene langfristig offen zu halten.
- Ballonangioplastie: Bei lokalisierten Stenosen wirksam
- Endovaskuläre Stentimplantation: Sichert langfristige Offenheit und dient bei komplexen Verschlüssen
Reichen diese Maßnahmen nicht aus oder liegt eine fortgeschrittene Leberschädigung vor, ist ein transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Stent-Shunt (TIPS) eine Option. TIPS ist bei refraktärem Aszites oder Blutungen aus Ösophagusvarizen eine effektive Brückentherapie, bis eventuell eine Lebertransplantation in Betracht gezogen wird.
Welche anderen Zustände sind zu berücksichtigen?
Bei der Diagnose des Budd-Chiari-Syndroms müssen andere mögliche Erkrankungen in Betracht gezogen werden. Dazu zählen Rechtsherzinsuffizienz und Stauungsleber, metastatische und alkoholbedingte Lebererkrankungen sowie granulomatöse Erkrankungen oder ein Alpha-1-Antitrypsinmangel. Auch infektiöse und medikamenteninduzierte Hepatitiden sind zu berücksichtigen. Seltenere Erkrankungen wie Fitz-Hugh-Curtis-Syndrom, Niemann-Pick-Krankheit Typ C, neonatale Hämochromatose, Gallengangatresie, angeborene Leberfibrose, Mukoviszidose, angeborene Stoffwechseldefekte und Hämochromatose können ähnliche Symptome aufweisen und müssen bei der Differenzialdiagnose beachtet werden.
Wie ist die Prognose beim Budd-Chiari-Syndrom?
Die Prognose des Budd-Chiari-Syndroms hängt von verschiedenen Faktoren ab. Jüngere Patienten haben in der Regel eine bessere Aussicht. Niedrige Child-Pugh-Scores, niedrige Kreatininwerte und das Fehlen von Aszites sind ebenfalls günstige Prognosemarker. Umgekehrt verschlechtert sich die Prognose, wenn alle Lebervenen oder auch die Pfortader betroffen sind. Aszites und ein hohes Alter sowie ein hoher Child-Pugh-Score verschlechtern die Prognose. Diese Faktoren beeinflussen die Wahl der Therapie- und Nachsorgestrategien maßgeblich.
Welche Komplikationen können beim Budd-Chiari-Syndrom auftreten?
Unbehandelt kann das Budd-Chiari-Syndrom zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Dazu zählen hepatische Enzephalopathie, die aus einer unzureichenden Entgiftungsfunktion der Leber resultiert, sowie Varizenblutungen durch erhöhten portalen Druck. Das hepatorenale Syndrom kann zu Nierenversagen führen, während anhaltende portale Hypertonie eine Vielzahl weiterer Probleme nach sich zieht. Die Aszitesbildung steigert das Risiko einer spontanen bakteriellen Peritonitis, und langfristig erhöht sich zudem das Risiko eines hepatozellulären Karzinoms. Diese Komplikationen unterstreichen die Bedeutung einer rechtzeitigen und adäquaten Therapie.

Prof. Dr. Özgür Kılıçkesmez schloss 1997 an der Cerrahpaşa Medizinischen Fakultät ab. Er absolvierte seine Facharztausbildung am Istanbul Bildungs- und Forschungskrankenhaus. In London erhielt er eine Ausbildung in interventioneller Radiologie und Onkologie. Er gründete die Abteilung für interventionelle Radiologie im Istanbul Çam und Sakura Stadthospital und wurde 2020 zum Professor ernannt. Er besitzt zahlreiche internationale Auszeichnungen und Zertifikate, über 150 wissenschaftliche Veröffentlichungen und mehr als 1500 Zitationen. Derzeit ist er am Medicana Ataköy Krankenhaus tätig.
Fallbeispiele